Sonntag, 21. Juni 2009

Es war einmal ...

... eine 40jährige Schwäbin auf der ewigen Suche nach einer sinnvollen kreativen Beschäftigung, in die sie all das hineinlegen konnte, was an unterdrückter kreativer Energie so in ihr steckte.

Was hatte sie nicht schon alles versucht: Von einfachstem Perlenschmuck (Aufreiharbeiten mit Rocailles in ihrer Jugend), Aquarellmalerei, Kohlezeichnungen, diversen Handarbeiten, über Puppenmachen, Marmorieren, Keramikfiguren bemalen, bis hin zu WindowColors. Alles hatte ihr eine zeitlang Spaß gemacht, aber nie kam sie über das Anfängerstadium hinaus. Zu guter letzt endete es meist im bloßen Ausmalen und Nacharbeiten vorgegebener Anleitungen, ohne jegliche eigene Kreativität. Nur das geschriebene Wort war ihr hold, doch wer wollte schon seitenweise ihre geistigen Auswüchse lesen oder sie sich gar an die Wand hängen oder ins Regal stellen.

Dann eines Tages lernte sie über ihr heißgeliebtes Katzenforum http://www.katzenforum.at/ eine nette österreichische Katzenliebhaberin kennen und freundete sich mit ihr an (natürlich waren da noch viel mehr nette Katzenliebhaberinnen, aber die tun in diesem speziellen Fall nichts zur Sache). Diese nette junge Frau war ebenfalls auf der Suche nach neuen kreativen Herausforderungen und über das Fädeln von Perlentieren und Edelsteinbäumchen, machte sie bald darauf Bekanntschaft mit vielen anderen netten Frauen im Forum von http://www.perlenhaekeln.de/. Das Schicksal nahm seinen Lauf.

Topo, so nannte sich die nette Österreicherin nämlich in diesem Forum, wurde mit dem Perlenvirus infiziert und verbrachte fortan jede freie Minute mit dem Häkeln von wunderschönen Perlenketten. Natürlich wollte sie ihre Freundin auch begeistern und erzählte ihr von dem netten Forum und von ihrem neuen Hobby. So kam es, wie es kommen musste und die künstlerisch frustrierte Schwäbin meldete sich auch in diesem Forum an.

Zuerst konnte sich LaPerla - so ihr eigens dafür gewählter Künstlername - noch gegen das Perlenvirus wehren, blieb erfurchtsvolle Beobachterin aus der Ferne, jedoch wurde sie bald zur begeisterten Mitleserin und so mussten täglich zwei Foren im Auge behalten werden.

Mit den Worten: So etwas könnte ich nie! Entlockte sie Topo das eine oder andere handgefertigte Kleinod, bis es dieser zu bunt (siehe "Bubblegum") wurde und sie einen Besuch der Schwäbin in Österreich nutze, sie höchstpersönlich mit dem Perlenvirus zu impfen.

LaPerla musste also auf der Terrasse in glühender Hitze verweilen und mit eigens dafür angeschaffter Häkelnadel, einem Perlenmix in ihren Lieblingsfarben und passendem Baumwollgarn die ersten perlenbestückten Kettmaschen ihres Lebens unter strenger Aufsicht von Madame Topo häkeln. Diese tat mit Zufuhr von Kaffee, Süßigkeiten und aufmunternden Worten alles, damit das Virus auch auf fruchtbaren Boden fiel und so kam es, dass nach kürzester Inkubationszeit (dauerte gerade mal den Heimflug nach Stuttgart) der Zwang, nach Häkelnadel und Perlen zu greifen, nahezu unwiderstehlich wurde.

Es war vollbracht - eine neue Perlerin war geboren!

Doch aller Anfang war auch hier schwer und insbesondere Topo hatte unter der "juchu-ich-habe-noch-eine-Spiralkette-gehäkelt-willste-mal-sehen"-Euphorie nicht unerheblich zu leiden. Doch das hatte sie sich selbst zuzuschreiben, denn man infiziert LaPerla nicht umsonst mit einen kreativen Virus.

Wer LaPerla länger kennt, weiß, dass sie immer gleich alles übertreiben und im Exzess betreiben muss. Folglich wuchs das Materiallager innerhalb kürzester Zeit auf enorme Ausmaße an. Längst reichten die, dem Göttergatten (kurz GöGa) gemopsten Schraubensortierkästen nicht mehr aus, es mussten neue gekauft werden. Sobald irgendwer bei ebay seine Perlensammlung veräußerte, musste LaPerla den Finger drauf haben. Das führte dazu, dass in großer Menge sog. Schrottperlen erstanden wurden, die z. T. noch heute - 3 Jahre später - in den Mittlerweile x-mal gegen größere Exemplare ausgetauschten Sortierkästen schlummern.

Bald schon jedoch lernte sie den Vorzug von industriell gefertigten gleichmäßigen Markenprodukten kennen und dank Internet waren nun weder die Niederlande noch Frankreich, oder gar die USA vor ihren Bestellungen sicher. Das anfänglich wohlwollende Lächeln ihres GöGa fror bald zur entsetzten Grimasse ein, angesichts des immer voller werdenden Perlenschanks, der im krass umgekehrt proportionalen Verhältnis zu dem immer leerer werdenden Bankkonto stand.

Doch es war zu spät. Die Lawine war nicht mehr zu stoppen. Wenn LaPerla nun nach Österreich zu Topo reiste, dann bestand der Inhalt des Koffers aus ca. 18 kg Perlen und Zubehör, 500 g Katzenspielzeug und -leckerlis und zu nur noch 2,5 kg aus Kleidern und Toilettenartikeln - "Wurscht, ein Jogging-Anzug reicht ja schließlich für 4 Tage - wir gehen ja eh nicht aus dem Haus".

Als Topo dann zum lange erwarteten Gegenbesuch nach Deutschland kam, wurde die heimische Wohnung zur Perlenwerkstatt erklärt und der Hausherr musste sich zum Lesen ins Schlafzimmer verziehen. Sämtliche Tische und jeglicher freie Platz auf dem Boden waren mit Perlen, Werkzeugen, Büchern, fertigen und unfertigen Schmuckstücken belegt und dazwischen zwei blasse Frauen mit rotgeränderten Augen, die ihre Tätigkeit lediglich zur Nahrungsaufnahme, dargereicht durch eben jenen Göga und gelegentlichem Schlafen unterbrachen. Dessen Hoffnung, der Gast möge doch einige Kilo der runden kleinen Scheißerchen mitnehmen wurde zwar erfüllt, jedoch blieben dafür mindestens dieselbe Menge aus dem Bestand von Topo stattdessen in Deutschland - natürlich im Rahmen eines internationalen kulturellen Austauschprogrammes. Sozusagen Deutsch-Österreichische Freundschaft. *seufz*

Und so sammelten sich die kleinen runden Schätze weiterhin in LaPerlas Perlenzimmer und vermehrten sich und vermehrten sich und ...

... und wenn sie nicht verhäkelt oder verfädelt wurden, so warten sie noch heute ...

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